Kreuzfahrt mit der eistauglichen MS Bremen in die Arktis von Longyearbyen auf Spitzbergen über Island nach Grönland.
Geografische, geologische und historische Informationen sind Wikipedia und meinem Reisetagebuch entnommen.
Besuchte Orte und Landschaften:
Longyearbyen auf Spitzbergen (Svalbard)
Liefdefjord, Spitzbergen
Packeis im Nordwesten Spitzbergens
Amsterdamoya, Ny London, Spitzbergen
Ny Alesund, internationale Arktisforschungsstation, Spitzbergen
Möllerhavn mit dem Lloyd Hotel auf Spitzbergen
Insel Prinz-Karls-Forland an der Westküste Spitzbergens
Insel Jan Mayen südwestlich von Spitzbergen an der Grenze zwischen der Grönlandsee und dem Europäischen Nordmeer
Reykjavik, Hauptstadt von Island
Tasiilaq (früher Amassalik) an der Ostküste Grünlands
Skjoldungensund, Ostgrönland
Prins Christian Sund verbindet, Ost- und Westgrönland
Paamiut, Westgrönland
Sermerlinguaqfjord, Westgrönland
Diskobucht, mit den großen Eisbergen in Westgrönland
Sisimiut, Westgrönland
Kangerlussaq, Flughafen in Westgrönland
Das Kreuzfahrtschiff MS Bremen wurde 1990 von Mitsubishi in Kobe, Japan für die amerikanische Reederei Frontier Spirit gebaut und fuhr bis 1993 unter diesem Namen. Danach erwarb Hapag Lloyd das Schiff und benannte es in MS Bremen um. Das Schiff ist 111 m lang und kann 155 Passagiere mitnehmen. Es ist mit max. 16 Knoten nicht schnell, aber fährt meistens nur 14. Es wird von 2 Dieselmotoren angetrieben.
Am 22. Februar 2001 wurde die Bremen auf der Fahrt von Südargentinien nach Rio de Janeiro von einer 30 Meter hohen Monsterwelle überspült. Das Schiff trug dabei schwere Schäden davon, so wurde unter anderem eine Brückenscheibe von den Wassermassen aus dem Rahmen nach innen gedrückt. Durch das eingedrungene Salzwasser fielen Teile der Elektronik und in der Folge auch die Hauptmaschine aus. Das Schiff trieb mit 40 Grad Schlagseite ca. 30 Minuten manövrierunfähig in der See, bevor es der Mannschaft gelang, den zur Wartung zerlegten Hilfsdiesel bei schwerer See zusammenzusetzen und zu starten, um mit seiner Hilfe die Kontrolle über die Bremen wiederzuerlangen. Vier Tage später wurde das Schiff als Havarist in den Hafen Buenos Aires geschleppt. Auf einer Kreuzfahrt durch die Antarktis entdeckten Passagiere und Besatzung eines Schlauchboots am 2. Februar 2003 im Bereich der Melchior-Inseln eine neue Insel im ewigen Eis sowie einen neuen Kanal. Man benannte sie „Bremeninsel“ bzw. „Bremenkanal“ und trug beide in die Karten ein. 2006 gelang die Nordwest-Passage mit Hilfe von Satelliten-Navigation. Die MS Bremen kann sich gefahrlos in Eisschollen bewegen und bis zu 50 cm dickes Eis brechen (höchste Eisklasse) und ist somit für die Arktis und Antarktis gut geeignet.
Die Arktis-Kreuzfahrt mit der MS Bremen von Hapag Lloyd ist eine Expedition in den hohen Norden Europas. Da es mit wenigen Ausnahmen keine Häfen gibt, werden alle Ausfahrten mit Schlauchbooten (Zodiacs) unternommen. Die letzten Meter geht man durch Wasser an Land. Um nasse Füße zu vermeiden stellt Hapag Lloyd Gummistiefel zur Verfügung und außerdem einen wetterfesten Anorak. Die Mitreisenden müssen sich selbst um Regenhose und Handschuhe kümmern.
Die Reise beginnt auf der Insel Spitzbergen (Svalbard), die international ist, aber von Norwegen verwaltet wird. Die Insel liegt nördlich des Polarkreises zwischen 74 und 81 Grad nördlicher Breite. An der Nordküste von Spitzbergen fährt die Bremen durch dickes Packeis. Island und deren Hauptstadt Reykjvik ist das nächste Ziel bevor die Ost- und später die Westküste von Grönland angelaufen wird.
Diese wunderbare Reise endet in Grönland.
Unsere Arktisreise beginnt am Vormittag des 4. Juli mit einer Bahnreise von Frankfurt zum Flughafen nach Düsseldorf. Der von Hapag Lloyd gecharterte Airbus A321 von Air Berlin startet am nächsten Morgen schon früh. Deshalb übernachten wir im Sheraton am Flughafen. Unsere beiden Koffer checken wir schon am Abend ein.
Am 5. Juli fliegen wir um 9:10 nach Spitzbergen (Svalbard) einer Inselgruppe im arktischen Nordmeer. Der angenehme Flug nach Longyearbyen (LYR), der größten Stadt auf Spitzbergen, dauert 3:45h. Wir überfliegen die Insel von Ost nach West und bekommen, soweit die Bewölkung es zulässt, schon einen Eindruck vom Eispanzer des Landesinneren. Der Name Spitzbergen wurde 1595 von dem holländischen Seefahrer Willem Barents vergeben. Offiziell heißt die Inselgruppe Svalbard. Sie liegt im nördlichen Eismeer etwa 1000 km vom Nordpol entfernt zwischen 76° 28‘ und 80° 48‘ nördlicher Breite. Der Boden ist bis zu 300m tief gefroren. Nur im Sommer tauen die obersten 2-3 m auf. Bei unserer Landung um 13:10 zeigt das Thermometer 6° C bei bedecktem Himmel. Im Winter kann es -40° kalt werden. An 125 Tagen im Sommer scheint die Sonne 24 Stunden am Tag und im Winter bleibt es genauso lange dunkel.
Unsere Koffer werden in Empfang genommen. Wir steigen in einen Bus. Es ist noch bewölkt. Da das Schiff noch gereinigt und beladen wird, unternehmen wir eine mehrstündige Besichtigungstour mit einem Bus, die uns Longyearbyen etwas näherbringen soll.
Die Stadt wurde von dem Amerikaner John Longyear 1906 gegründet. Er wollte die umfangreichen Kohlevorkommen ausbeuten. Bis 1916 hieß sie Longyearcity. Dann kaufte eine norwegische Gesellschaft Kohlegruben und Stadt und benannte sie in Longyearbyen um. Byen ist norwegisch und heißt auf deutsch Stadt. An die Kohleförderung erinnern noch verfallene Holzgebäude. Im 2. Weltkrieg zerstörte der deutsche Kreuzer Tirpitz die festen Gebäude der Stadt. Es blieb nicht viel übrig. Die Kohle hat eine hohe Qualität, aber die niedrigen Weltmarktpreise verhindern eine Förderung im großen Stil. Heute wird nur noch für den Eigenbedarf des Kraftwerks Kohle abgebaut. Die Kohle lässt darauf schließen, dass hier früher einmal Wald war. Tatsächlich befand sich Svalbard vor Millionen von Jahren viel weiter südlich in einer tropischen Region.
Da Norwegen auf ökologische Energieerzeugung großen Wert legt, diskutiert man schon über ein Seekabel, mit dem billiger, durch Wasserkraft erzeugter Strom nach Spitzbergen gebracht werden soll. Wir haben einen bayerischen Führer, der an der Außenstelle UNIS, einer norwegischen Universität studiert. Es ist die nördlichste höhere Lehranstalt der Welt. Hier werden aber nur ein paar Kurse angeboten. Auch die Kirche Longyearbyens ist die nördlichste der Welt. In der Stadt dürfen sich nur Leute aufhalten, die Arbeit und eine Wohnung haben.
Im Sommer wohnen in der Stadt 2000 Menschen (von den 3000 auf der ganzen Insel); im Winter ein paar Hundert weniger. Inzwischen hat sich die Sonne durchgesetzt. Sie scheint vom blauen Himmel. Sehr schön! Wir fahren durch die Hauptstraße des Städtchens, mit vielen rustikalen Geschäften und ein paar Cafès zum Museum. Dort wird das arktische Leben und seine Tier- und Pflanzenwelt dargestellt. Auf Spitzbergen (Svalbard) leben einige Hundert Eisbären, die für den Menschen eine große Bedrohung sind, weil das Verhalten dieser großen Tiere unberechenbar ist. Jedes Jahr werden Menschen angegriffen und getötet.
1925 ratifizierten 40 Nationen, u.a. auch Deutschland den Spitzbergen-Vertrag. Norwegen erlangte die Oberhoheit und ist für die Verwaltung und den Umweltschutz verantwortlich. Die Unterzeichnerstaaten haben das Recht, Bergbau zu betreiben, zu jagen und zu fischen. Russland beutet noch heute im Isfjord Kohlegruben aus.
Unser erster Ausflug endet an einer Anlegestelle von der aus wir mit einem Zodiac (Schlauchboot) zur Bremen übersetzen, die auf Reede liegt. Am Pier liegt die viel größere AIDA Luna, die ablegt als wir im Hafen eintreffen. An Bord warten schon unsere Koffer vor der Tür der Kabine 511. Wir gehen zunächst in den Club am Heck und essen ein Käsebrötchen. Das ist die erste Mahlzeit seit dem Frühstück. Das Brötchen ist ein Gummibrötchen, kaum zu essen. Der Einstand auf der MS Bremen ist nicht so toll. Die Pasta bzw. das Hühnchen im Flugzeug hatten wir verschmäht. Die Kabine ist klein aber ok, aber der Schrankraum beschränkt. Wir sind gespannt auf das Abendessen. Nach der obligatorischen Seenotübung legt das Schiff ab. Wir fahren aus dem Isford hinaus aufs offene Meer nach Norden. Zum Abendessen gehen wir erst um 19:15. Das Meer ist ruhig. Man spürt kaum, dass das Schiff fährt. Das Abendessen, der Service und unsere Stimmung sind gut.
Wir, erwachen bei blauem Himmel und schöner Sonne. In unserer Kabine ist es kühl. Wir hoffen, dass sich das ändern lässt, sonst erkälten wir uns. Wir werden heute am frühen Nachmittag den Liefdefjord erreichen und eine erste Zodiac-Ausfahrt unternehmen. Der Liefdefjord ist von holländischen Walfängern entdeckt und benannt worden. Auf Deutsch heißt er Liebesfjord. Warum weiß man nicht. Das Schiff ist in der Nacht an der Westküste entlang bis zur Nordwestspitze der Insel gefahren und von dort nach Osten und in den Woodfjord nach Süden. Wir sind nun dicht am 80. Breitengrad im Nordvest-Spitsbergen-Nationalpark. Der nördliche Polarkreis beginnt bei 66° 33′ 55″ nördlicher Breite.
Das ist eine landschaftlich sehr reizvolle und abwechslungsreiche Fjordregion an der Nordwestküste Spitzbergens. Die Gegend ist meist schon recht früh im Sommer zugänglich, da der Golfstrom hier noch spürbaren Einfluss hat, allerdings kann Fjordeis noch die Buchten und Küsten blockieren. Der größere Teil der Region (Raudfjord, Liefdefjord) liegt im Nordwest-Spitzbergen-Nationalpark und ist entsprechend geschützt. Geologisch ist die Region interessant. Neben Gneisen findet man durch Eisenoxid rötlich-braun gefärbte Sedimente, die man »Old Red« nennt. Die rote Färbung geht auf Eisenoxide zurück (Hämatit), die unter wechselfeuchten Bedingungen in tropisch-subtropischem Klima entstehen. Als die Sedimente vor über 350 Millionen Jahren abgelagert wurden, befand sich Spitzbergen (als Teil einer größeren Platte) noch südlich des Äquators! Im Bereich Liefdefjord beschränken sich diese Old-Red-Sedimente auf einige Teilbereiche, vor allem jeweils auf der Ostseite, während die flache Reinsdyrflya sowie die Umgebung des Woodfjords ausschließlich aus Old Red bestehen (das allerdings nicht immer rot ist).
Heute Morgen frühstücken wir im Club. Dort ist es ein bisschen beengt, aber das Frühstücksbuffet ist gut. Anschließend hören wir einen Vortrag der leitenden Offizierin Petra Müllensiefen, die über Zodiac-Ausfahrten und die Sicherheitsbestimmungen erzählt. Hier auf Spitzbergen wird es nur nasse Anlandungen geben, d.h. alle Passagiere steigen im seichten Wasser aus. Deshalb sind Gummistiefel unerlässlich. Parka und Gummistiefel werden anschließend ausgegeben. Dann erklärt der Expeditionsleiter Torsten Prietz die beiden heutigen Ausfahrten am Nachmittag und nach dem Abendessen und teilt mit, dass sich der Kapitän entschieden hat, morgen statt wie geplant die Insel Moffen, die Eisgrenze an der Position 80° 30‘ nördlicher Breite anzulaufen, um uns eine weitgehend geschlossene Eisdecke zu zeigen. In diesem Jahr ist die Eisgrenze nördlich der Nordspitze von Spitzbergen.
Den schönen sonnigen Vormittag genießen wir auf Deck 7 im Liegestuhl. Gegen 14:00 erreicht die MS Bremen das Ende des Fjords. Die erste Gruppe fährt um 14:30 mit den Zodiacs hinaus zum großen Monacogletscher und den Nebengletschern, die hier ins Meer münden. Die Bucht ist voller kleiner und großer Eisberge. Wir ziehen uns warm an. Wir sind dran. Das Einsteigen in das Schlauchboot ist problemlos und dann geht es los. Unsere Bootsführerin hat bereits jahrelange Erfahrungen in der Antarktis und Arktis und steuert zwischen den Eisbergen hindurch zur Abbruchkante des Marcobreen (Monacogletscher). Manche Eisberge leuchten in Blautönen und bieten einen tollen Anblick. Sie Farbe wird durch Lichtbrechung verursacht. Das weiße Eis emthält viele Luftbläschen und das blaue nur wenige. Der Ausflug dauert eine Stunde. Es bietet sich auch von Bord unseres Expeditionsschiffes ein gewaltiger Anblick. Großartig! Das Meer in diesem Fjord ist ruhig.
Kaum zurück müssen wir uns für den Cocktailempfang des Kapitäns im Club und das anschließende Abendessen umziehen. Noch beim Cocktail wird der Kapitän abberufen. Ein Boot mit 8 Mann Besatzung ist auf einen Felsen gelaufen, sitzt fest und hat uns um Hilfe angerufen. Der Kapitän lässt umkehren und schickt ein Zodiac zum havarierten Boot. Es gibt keine Verletzten, aber der Skipper will an Bord bleiben. Die Besatzung setzt über zur Bremen. Nach längerer Verhandlung wird auch der Skipper übernommen und wir setzen mit viel Verspätung die Reise fort. Der Reiseplan muss allerdings geändert werden. Wir fahren zunächst nach Westen zu Insel Amsterdamoya und erst morgen Nachmittag ins Meereis.
Wir werden durch eine Lautsprecheransage geweckt. Die Bremen ist vor der Insel Amsterdamoya eingetroffen und liegt auf Reede. Amsterdamøya (Amsterdaminsel) ist eine unbewohnte Insel im äußersten Nordwesten des norwegischen Spitzbergen-Archipels und gehört zu Albert-I-Land. Im 17. Jahrhundert befand sich an ihrer Südostküste die damals bedeutendste niederländische Walfangstation Smeerenburg. Amsterdamøya wurde erstmals 1596 von Willem Barents gesichtet, als er auf der Suche nach der Nordostpassage Spitzbergen entdeckte. Ab 1614 nutzten niederländische Walfänger die Insel als Basis für die Jagd in den umliegenden Gewässern. Fünf Jahre später errichteten sie am südlichen Ufer Amsterdamøyas die ersten festen Gebäude der Walfangstation Smeerenburg, die die wichtigste in ganz Spitzbergen wurde. In ihrer Blütezeit in den 1630er Jahren bestand sie aus 17 Gebäuden. Acht Tranöfen wurden betrieben. Ab 1640 begann der Abstieg Smeerenburgs, weil in der Nähe der Küste keine Wale mehr zu finden waren. Etwa 1660 wurde Smeerenburg aufgegeben und dem Verfall überlassen.
Wir setzen über und machen erstmalig eine nasse Anlandung, d.h. wir gehen die letzten Meter durchs seichte Wasser an Land. Dank der Gummistiefel und der Regenhose bleiben unsere Füße trocken. Bei ruhigem Meer und sonnigem Himmel ist das kein Problem. Das Vorkommando hatte eine Walrossherde ausfindig gemacht und das Gebiet abgesperrt, damit niemand den Tieren zu nahekommt. An Land liegen dicht gedrängt 6-8 Walrosse und eins aalt sich im flachen Wasser davor. Die Tiere fressen Muscheln, die sie mit ihren beiden Elfenbeinzähnen aus dem Sand ausbuddeln. Sie nehmen nur alle paar Tage Nahrung auf und verdauen sie dann faul am Stand liegend. Etwas weiter zwischen Treibholzstämmen haben offenbar Seeschwalben ihre Nester. Als wir zu nahe herankommen, stürzen sie sich aufgeregt lärmend auf uns. Es wird aber niemand gebissen, denn wir entfernen uns schnell wieder. Außer Sand, Treibholz, den Resten der Öfen und viel angespültem Kelp gibt es auf dieser Insel nichts. Wir fahren wieder zurück aufs Schiff und lauschen später einem interessanten Vortrag zum Thema „Meereis“ auf das wir später zusteuern werden. Das bis gesehene Eis nennt man Landeis, denn es stammt von Gletschern. Wenn der Gletscher kalbt, schwimmen kleine oder große Eisbrocken im Fjord.
Wir sind nun auf dem Weg nach Norden zum Meereis, dem Schollen- und Packeis. Am Nachmittag will uns der Kapitän Blauwale zeigen. Wir entdecken weit entfernt eine kleine Blase von einem Wal und seinen Rücken. Dann sind wir plötzlich mitten in den Eisschollen. Die Bremen gehört zur höchsten Eisklasse, d.h. sie kann im mit Eisschollen bedeckten Wasser fahren, und sie kann Eis bis zu 50 cm Dicke brechen. Der Kapitän will zeigen, was es kann. Die Eisschollen sind nach meiner Einschätzung 30-40 cm dick, manchmal auch dicker. Wir brechen große Eisschollen. Sie türmen sich auf und machen Platz. Es kracht. Das Schiff ruckelt. In der Fahrrinne hinter uns fliegen viele Möwen, die von umgedrehten Eisschollen Plankton und Krill aufpicken. Die Luft ist -1° C kalt. Ein tolles Erlebnis!
Das sind die ersten Frosttemperaturen auf dieser Reise. Es wird mir auf Dauer an Deck zu kalt. Ich gehe in die warme Kabine. Nach mehr als einer Stunde Eisfahrt wendet sich das Schiff wieder nach Süden. Morgen früh wollen wir vor Ny London im Kongsfjord südlich des 79. Breitengrads ankern.
Nach dem Frühstück setzen wir wieder auf das Festland über und landen bei ruhiger See problemlos in Ny London, einer Siedlung im Kongsfjorden gegenüber von Ny Alesund. Ny London nennt man auch die Blomstrandhalbinsel und tatsächlich blühen hier überall rosa kurzstängeliges Leinkraut und niedrige weiße Silberwurz. Es gibt auf Spitzbergen keine Bäume. Die wenigen Pflanzen wachsen ganz flach am Boden. Die meisten werden viele Jahre alt und bleiben klein. In Ny London wurde einst Marmor abgebaut, der sich aber als qualitativ schlecht erwies und in wärmeren Zonen zerbröckelte. Deshalb wurde der Abbau wieder aufgegeben. Auf der Blomstrandhalbinsel stehen noch Holzhütten. Eine trägt den Namen „Camp Mansfield“. Eine verrottende Dampfmaschine, sowie ein Kran aus Leicester, England zeugen von dem vergeblichen Versuch, hier Marmor zu gewinnen. Wir wandern auf einen Berg und sehen unterwegs einen Polarfuchs in seinem Sommerfell, brütende Falkenraubmöwen und grasende Rentiere. Der Fuchs hat es auf die Eier der Raubmöwen abgesehen, die aber ihr Gelege mit Geschrei und Schnabelhieben verteidigen. Der Fuchs gibt auf und reisst aus.
Als der letzte Zodiac zurück ist, setzt sich die Bremen wieder für die kurze Fahrt zum gegenüberliegenden Ny Alesund in Bewegung. Ny Alesund ist eine internationale Forschungsstation, in der im Sommer 120 und im Winter 30 Personen leben. Hier steht auch das nördlichste Postamt der Welt. Wir legen an der Pier an und können trockenen Fußes das Schiff verlassen. Viel hat der Ort nicht zu bieten. Wir gehen die Hauptstraße hinunter zum Postamt und wollen eine Postkarte nach Hause aufgeben. Mal sehen wann sie ankommt. Dort werden schon unsere Pässe gestempelt. Briefmarken gibt es nur im Laden (Butikker) in der Nähe. Der hat bis 13:00 Uhr geschlossen. Die 15 Minuten bis dahin nutzen wir für einen Spaziergang zum Masten für das Luftschiff mit dem Amundsen über den Nordpol fuhr. Hier haben wir einen schönen Blick über den Kongsfjord an dessen Ende drei große Gletscher münden. Nach 13:00 Uhr kaufe ich eine Briefmarke und ein paar Servietten, denn es gibt für Kreditkarten eine Mindestkaufsumme.
Der geografische Nordpol ist nur 1231 km Luftlinie von Ny Alesund entfernt. Das Dorf ist die nördlichste nicht militärische Siedlung der Welt und liegt auf 78° 56N 11:56. Wir haben bei unserem Besuch wunderschönes sonniges Wetter. Ich kann mich draußen ohne Anorak im Pullover bewegen. Der Westspitzbergenstrom, ein Teil des Golfstroms, sorgt für relativ milde Temperaturen. In Ny Alesund leben Wissenschaftler aus 11 Nationen, die hier Polarforschung betreiben. Die erste Forschungsstation wurde durch Beschluss der norwegischen Regierung 1958 eröffnet. 1991 folgte das deutsche Paul Wegener Institut und alle anderen. Das Nordpolhotel wurde 1936 eröffnet, aber schon 1939 nach Kriegausbruch wieder geschlossen. Wieder eröffnet wurde es 1995, und 1998 umfassend renoviert.
Um 18:45 fahren wir mit dem Zodiac zu unserem BBQ-Abend in Möllerhavn. Die Schiffscrew hatte zuvor Tische und Stühle, Grill, Buffet und Getränke, hinübergefahren und aufgebaut. Das Wetter ist sehr schön, blauer Himmel und nicht kalt, In die Bucht mündet weiter hinten ein mächtiger Gletscher. In Möllerhavn steht das Lloyd Hotel, das als Schutzhütte vom Norddeutschen Lloyd erbaut wurde und nun von Hapag Lloyd betreut wird. Es ist ein orangefarbiger Container, der als Notunterkunft benutzt werden kann.
Während des ganzen Abends stehen unsere Eisbärenwächter seitlich auf großen Felsbrocken und halten Ausschau nach Eisbären. Sie sind mit einem Gewehr und ausreichend Munition bewaffnet. Eisbären sind bis zu 3 m groß und tonnenschwer. Ihr Verhalten ist nicht berechenbar. Sie können Menschen ohne Vorwarnung angreifen und töten. Deshalb ist eine Bewachung in der Arktis unumgänglich. Beide Eisbärenwächter gehören zum Expertenteam. Michel Stelter ist Ornithologe und Dr. Thomas Neudecker Biologe und Fischereiwissenschaftler. Hier oben im hohen Norden wird es im Sommer nicht dunkel.
Das BBQ-Buffet ist reichhaltig. Es gibt gegrilltes Rindfleisch, Huhn, Shrimps, und Kalbsbratwürstchen. Dazu Kartoffel-, Nudel-, Gurken-, und Krautsalat. Zu trinken gibt es Rot- und Weißwein, Bier und Underberg. Eine tolle Stimmung. Nur zwei Passagiere sind aus gesundheitlichen Gründen an Bord geblieben. Gegen 22:00 Uhr fahren wir mit dem Zodiac zurück zur Bremen, ziehen uns um und gehen nur mit Pullover (ohne Anorak) bekleidet auf das Außendeck des Clubs. Es ist angenehm warm. Den schönen Tag feiern wir mit Champagner und bleiben dort bis 1: 00 in der Früh. Ich habe den Sonnenstand um 0:10 fotografiert. Die Sonne wärmt immer noch ein wenig. Den Ausflug morgen früh zum Vogelfelsen werden wir ausfallen lassen, denn es ist nach 1:00 als wir ins Bett gehen.
Unser Schiff liegt vor Trygghavn. Frühstück hat es heute schon früh am Morgen gegeben. Die meisten Passagiere sind zum Vogelfelsen gefahren. Jutta geht in die Damensauna um 10:00 und ich ordne Fotos und schreibe diesen Bericht. Um 10:00 kommen die Zodiacs zurück und die Bremen setzt ihre Fahrt nach Poolepynten auf der langgestreckten Insel Prins-Karls-Forland fort. Das ist nun der letzte Ankerplatz auf Spitzbergen.
Unser Zodiac-Ausflug nach Poolepynten beginnt um 14:00. Wir werden versuchen, die Walrosse vom Wasser aus zu beobachten und hoffen, dass sie dann weniger scheu sind. Und tatsächlich nehmen die massigen Tiere überhaupt keine Notiz von uns. Wir können ganz dicht heranfahren und fotografieren. Es gelingen tolle Aufnahmen. Das einzige Problem ist das Schaukeln des Bootes und dass immer einer der Mitfahrerinnen oder Mitfahrer den Blick versperrt. Die massigen Walrosse sind Robben. Es gibt nur eine Art. Ihre Körper sind rötlich bis rotbraun gefärbt. Die beiden Hauer sind aus Elfenbein, weshalb man sie stark bejagt hat. Auf Spitzbergen waren sie fast ausgestorben. Heute gibt es wieder einige Tausend Exemplare, die streng geschützt sind. Die Walrosse können bis zu 90 m tief tauchen und eine Stunde unter Wasser bleiben. Normalerweise tauchen sie 10-20 m tief und für 10 Minuten, um nach Muscheln im Sand zu buddeln.
Es ist warm geworden. Um 15:00 werden fast 15° C gemessen. Wir sind zu warm angezogen und schwitzen. Der Kapitän verabschiedet sich wenig später von Spitzbergen und nimmt Fahrt Richtung Südwesten auf. Bis Jan Mayen, wo wir übermorgen eintreffen wollen, sind es ca. 1000 km und genau so weit bis nach Reykjavik auf Island. Vor uns liegen entspannende Seetage. Der Kapitän hat eine ruhige Seefahrt versprochen. Die Temperatur sinkt auf See wieder auf frische 1-2° C.
Während eines Vortrags zum Thema Pflanzen auf Spitzbergen unterbricht der Kapitän mit der Durchsage: „Wale, Wale“. Alle springen wie elektrisiert auf und man sieht tatsächlich immer wieder eine Fontäne und einen Buckel. Ich hole meine Kamera und gehe auf den Ausblick im Bug auf Deck 5. Hier kann ich in der Nähe den Buckel eines Blauwals und seine Fontäne fotografieren. Auf einmal taucht das 30 m lange Riesentier genau vor unserem Bug auf. Es ist ein großer Blauwal, den ein kleiner Zwergwal begleitet. Wir können ihn genau über und unter Wasser beobachten. Es scheint als ob die Bremen den Wal überfährt. Er schwimmt dicht unter der Wasseroberfläche. Man kann ihn ganz sehen, lang schlank mit großer Schwanzflosse. Es scheint aber alles gut gegangen zu sein. Später wird der Vortrag fortgesetzt. Wir lernen viel über die Vegetation Spitzbergens.
Das war neben den Walrossen heute Nachmittag die große Sensation heute, vielleicht sogar auf dieser Reise. Toll!!!
Heute ist der erste Seetag. Wir fahren zur Insel Jan Mayen. Sie ist 373 km² groß und liegt ca. 550 km nordöstlich von Island und ca. 500 km östlich von Grönland, an der Grenze zwischen der Grönlandsee und dem Europäischen Nordmeer. Sie gehört zwar zu Norwegen, ist aber keiner der norwegischen Provinzen zugeordnet. Die Insel wird von der Provinz Nordland aus verwaltet, der zuständige Verwaltungssitz ist Bodø. Benannt ist sie nach dem niederländischen Walfang-Kapitän Jan Jacobs May van Schellinkhout. Im Inneren der kleinen Insel in der Arktis schlummert ein aktiver Vulkan, bedeckt von Schnee und meist verhüllt von Wolken: Der letzte Ausbruch ereignete sich 1985. Jan Mayen ist ein einsames Eiland - in Walfangzeiten war es hart umkämpft. Heute kommt gelegentlich ein Kreuzfahrtschiffe vorbei. Es gibt keinen Hafen mit einem Kai.
Als wir um 8:15 wach werden und den Vorhang öffnen, blicken wir auf ein nebelverhangenes Meer. Draußen ist es wesentlich kühler geworden. Die Lufttemperatur beträgt nur noch 1-2° C. Die Bremen fährt mit 14 Knoten nach Südwesten. Wir haben etwa die Hälfte der Strecke bis zur Insel Jan Mayen zurückgelegt, die wir morgen erreichen werden.
Um 10:00 hören wir einen Vortrag über die Meeressäugetiere in der Arktis. Es geht um Wale und Delfine. Wir hatten gestern einen Blauwal und vermutlich einen kleinen Schnabelwal gesehen. Der erwachsene Blauwal wird 30 m lang. Er ernährt sich von Krill. Krill besteht aus Garnelen und anderen kleinen Meereslebewesen. Wenn Blauwale auftauchen, blasen sie ihre Atemluft bis zu 10 m hoch. Das Blauwalbaby ist bei seiner Geburt schon 6-7 m lang. Es trinkt 300 Liter Milch täglich und nimmt 80 kg pro Tag zu. Vor 30-50 Mio. Jahren entwickelten sich Landsäugetiere zu Meeressäugern. Die Körperform änderte sich in die heutige. Man unterscheidet Zahn- und Bartenwale. Letztere ernähren sich meistens von Krill oder Kalmaren. Zahnwale, zu denen auch Orcas oder Schwertwale gehören, fressen Walrosse, Robben und große Fische. Einige Walarten sind Einzeltiere und andere wie z.B. Grindelwale leben in Gruppen. Pott- und auch Buckelwale fallen durch ihre riesige Schwanzflosse auf, die sie beim Abtauchen in die Luft strecken.
Im Club gibt es heute Blechkuchen, den wir mit einer Tasse Kaffee genießen. Anschließend hören wir dem Eisbärenwächter und Zoologen Dr. Neudecker in seinem Vortrag über Fischerei in der Arktis zu. Weltweit werden 160 Mio. Tonnen Fisch gefangen. Davon werden inzwischen fast 50% in Aquakulturen gezüchtet. In der Arktis sind der Dorsch und der Kabeljau die wichtigsten Fische. Beide sind eng verwandt. Der Dorsch kann in noch kälterem Wasser leben als der Kabeljau.
Am Morgen erreichen wir gegen 9:00 die Vulkaninsel Jan Mayen. Die Insel wird in den Südteil Sør-Jan und den Nordteil Nord-Jan unterteilt. 114,2 km² der Fläche Jan Mayens, ein knappes Drittel, ist vergletschert. Hierbei handelt es sich ausschließlich um die Eiskappe des 2277 m hohen Beerenbergs auf Nord-Jan, deren Gletscherströme sich in alle Himmelsrichtungen ergießen und an fünf Stellen das Meer erreichen. Direkt aus dem Hauptkrater führt der Weyprecht-Gletscher bis an die Nordwestküste der Insel. Die Küste Jan Mayens ist etwa 124 km lang. Die letzten Ausbrüche ereigneten sich an der Nordostspitze der Insel erst 1970/71, 1973 und 1985. Die gesamte Region wird dem Hot-Spot-Vulkanismus zugerechnet. Der Vulkan Beerenberg ist bei unserer Ankunft in Nebel gehüllt, aber plötzlich löst sich dieser auf und wir erhalten einen schönen Blick auf den Vulkan.
1921 wurde die erste ständige meteorologische Station und Küstenfunkstelle Eldstemetten errichtet, die seither mit kurzen Unterbrechungen betrieben wird. Sie wurde 1940 von den Norwegern unbrauchbar gemacht und verlassen. Im April 1941 hat man sie an anderer Stelle (Gamle Metten) neu errichtet, 1962 nach Olonkinbyen verlegt wo sie bis heute existiert. Ein Erkundungsboot wird ausgesandt. Die Wellen sind zu hoch, eine Anlandung ist nicht möglich.
Wir setzen unsere Fahrt nach Island fort. Um 11:30 beginnt unser Geologe an Bord, Dr. Ulli Dornsiepen, mit seinem Vortrag „Die Geodynamik des Nordatlantiks“. Er spricht voller Bewunderung vom Geowissenschaftler Alfred Wegener, der 1911 die Geowissenschaften revolutionierte in dem er die Theorie aufstellte, es habe vor 1 Mrd. Jahren den einzigen Kontinent Pandera gegeben, der dann langsam auseinanderdriftete. Er war seiner Zeit um 50 Jahre voraus, denn nach dem 2. Weltkrieg fand man immer mehr Beweise für seine Theorie, die heute anerkannt ist. Wenn man die beiden Kontinente Südamerika und Afrika wieder einander annähern würde, könnte man erkennen, dass sie gut zusammenpassen und einst zusammen waren. Die oberste Erdschicht, Lithosphärenplatte genannt, gleitet auf der Asterosphärenplatte, die zu 5% aus flüssigem Material besteht. Der atlantische Rücken wölbt sich nach oben und als Folge schiebt sich eine Lithosphärenplatte unter die andere. Die Bewegungen sind an der pazifischen Westküste Nordamerikas mit 10-11 cm pro Jahr am stärksten und in Europa mit 1-2 cm am schwächsten.
Grönland, Island und Spitzbergen gehörten vor mehr als 600 Mio. Jahren zusammen und lagen bei 60° südlicher Breite nahe der Antarktis. Vor 450 Mio. Jahren waren sie schon am Äquator angekommen, vor 400 Mio. Jahren in Nordafrika und dann wurde Spitzbergen abgetrennt und driftete nach Osten und Island wurde separiert und schob sich nach Süden. Das kann man aufgrund derselben Gesteinsschichten heute gut nachverfolgen. Interessant und gut verständlich geschildert.
Heute entwickelt sich das Wetter etwas freundlicher. Der bisher auf dem Meer herrschende Nebel ist lichter geworden. Man sieht wieder die Sonne. Wir hoffen, dass sich das Wetter bis Island und später bis Grönland hält. Die Wettervorhersage ist gut.
Am Nachmittag um 16:45 geht es um Seevögel. Der Ornithologe Michel Stelter gibt uns einen Überblick. In der Arktis gibt es bis auf 4 Singvögel nur Wasservögel. Den obligatorischen Spatz und die Singammer. Möwen, Seeschwalben, Enten und Gänse bevölkern das Land aber nicht das Eis. Sie brüten auf Vogelfelsen oder auch auf dem Sand. Die Eier der Seeschwalben oder Raubmöwen werden oft Beute des Polarfuchses. Sie wehren sich heftig wehren und greifen ihn mit ihrem spitzen Schnabel an. Sie gehen auch energisch gegen Menschen vor, die sich ihrem Gelege nähern, an. Wir konnten das erleben. Die Vögel meisten ziehen im Winter nach Süden. Die kleinen Seeschwalben legen mit 30.000 km pro Strecke, also insgesamt 60.000 km den längsten Weg zurück.
Am Abend gibt es ein skandinavisches Menü mit Kjöttpolser und Elkragu. Eine sehr leckere Erinnerung an die 70er Jahre.
Am 3. Seetag haben wir die Uhr um eine Stunde zurückgestellt. Wir konnten länger schlafen. Dasselbe wird morgen Nacht noch einmal passieren. Das Meer ist nach wie vor ruhig mit Wellen zwischen einem und zwei Metern Höhe. Man merkt die Bewegungen des Schiffs fast nicht. Um 10:00 befinden wir uns nördlich von Island.
Um 11:30 hält der Biologe Volker Boehlke einen Vortrag zu dem Thema „Der arktische Ozean, ein komplexer Geselle“. Das Geschehen in einem Ozean wird durch die Faktoren Wasserdruck, Licht, Wellen, Wassertiefe, Wassertemperatur, Strömungen, im Wasser gelöste Stoffe und die Produktion von Lebewesen bestimmt. Im arktischen Ozean nimmt wie in allen anderen Meeren der Wasserdruck alle 10 Meter um 1 Atmosphäre zu, d.h. in 10 m Tiefe ist der Druck verdoppelt. Das macht die Erkundung von großen Tiefen schwierig. Schnabelwale können bis zu 3.000 m tief tauchen. Aber nicht überall ist das Meer so tief. In einer Tiefe von 300-400 m leben viele Kleintiere (Krill), die meistens gegen Abend an die Oberfläche gedrückt werden und dort Walen, Robben, großen Fischen und Seevögeln als Nahrung dienen. Wasser beugt und absorbiert Licht. Pflanzen können nur nahe der Oberfläche gedeihen.
Wellen werden vom Wind erzeugt und können sich noch weit weg von einem Sturm auswirken. Kreuzfahrtschiffe haben Stabilisatoren und können Schiffsbewegungen ausgleichen. Ganz selten entstehen sogenannte Monsterwellen, die plötzlich bis zu 30 m hoch werden und zerstörerisch wirken. Man weiß noch nicht genau wie sie entstehen. Unser Schiff wurde vor 10 Jahren von einer solchen Welle schwer getroffen und beschädigt.
Der Golfstrom schickt an seinem Ursprung an der atlantischen Küste Floridas pro Sekunde 32 Mio. cbm warmes und nährstoffreiches Wasser auf die Reise nach Norden. Den Westen Spitzbergens hält der Rest des Golfstroms, den man hier Westspitzbergenstrom nennt, eisfrei. Die Ostküste Spitzbergens und die arktischen Gebiete Kanadas sind hingegen bis zu 10° C kälter. In 3.000 m Tiefe ist das Wasser überall 2° c warm.
Im Meerwasser ist hauptsächlich Salz gelöst. Es enthält aber auch düngende Stoffe wie Nitrate, Phosphate und Silicate, die das Wachstum der Algen fördern und Phytoplankton als Nahrung für die kleinen Lebewesen wie Würmer, Schnecken, Muscheln und Fischlarven schaffen. Eine Überdüngung führt allerdings zu unerwünschter Algenproduktion und Algenblüte. Das arktische Meer produziert ca. 30% des Sauerstoffs der Welt. Man kann sagen, jeder dritte Atemzug von Mensch und Tier stammt aus dem Meer, obwohl nur weniger als 1% der Biomasse der Welt im Meer zu Hause ist.
Um 16:00 ist es draußen etwas wärmer, nämlich 6,2° C geworden. MS Bremen fährt nördlich der Nordspitze Islands. Wir haben jetzt seit Spitzbergen 1900 km zurückgelegt. Die isländische Küste ist hier durch majestätische Tafelberge geprägt, die während der Eiszeit geschaffen wurden.
Den zweiten Vortrag heute um 17:00 hält Frau Dr. Maria Clauss zum Thema „Anpassung an den hohen Norden. Von weißen Füchsen und dicken Bären“. Im Eis und Schnee tarnen sich die Polarfüchse, Eisbären, Polareulen durch weiße Farbe. Der Polarfuchs färbt sein Fell im Sommer braun und im Winter in Spitzbergen zu 3-15% und in Island zu 65-70% blau, weil hier im Winter weiß nicht die allein vorherrschende Farbe ist. In der kontinentalen Arktis sind alle Polarfüchse weiß.
Lösungen für die Probleme der Arktis sind zum Beispiel der Wechsel von Schwelgen zu Fasten. Eisbären leben von März bis Mai im Überfluss. Sie jagen Robben und nehmen an Gewicht deutlich zu. 50% ihres Gewichts besteht dann aus Fett. Daran schließt sich eine Zeit des Fastens an. Es gibt kein Eis mehr und sie können keine Robben mehr jagen. Nur gelegentlich erwischen sie mal einen Vogel. Sie müssen 4-8 Monate fasten. Ihr Fettanteil reduziert sich von 50 auf 10%. Eisbären halten keinen Winterschlaf obwohl sie mit den Braunbären eng verwandt sind. Die Weibchen ziehen sich im Januar in eine Schneehöhle zurück um 1-2 Junge zu gebären, die sie bis zu 2 Jahre lang säugen.
Die meisten Vögel ziehen im Winter nach Süden. Auch die Rentiere in Kanada wanden nach Süden bis zur Baumgrenze wo sie genügend zu fressen finden. In Spitzbergen können sie nicht wandern. Diese Rentiere sind deshalb viel kleiner und haben ein viel dichteres Fell. Auch Pflanzen schützen sich durch Haare vor Kälte. Fische und Insekten wie z.B. der Polardorsch haben ein Antifrostmittel entwickelt, ein Protein (AFGL) das Körperflüssigkeiten daran hindert, zu frieren.
Heute Abend gibt uns argentinischer Pianist Alejandro Graziani ein Klavierkonzert. Manche Lieder begleitet er mit seinem Gesang. Er spricht gut Deutsch, denn er hat viele Jahre in Deutschland gelebt. Bis auf die melancholischen argentinischen Lieder sind seine Vorträge hörenswert.
Heute Morgen laufen wir in den Hafen Midbakki in Reykjavik ein. Wir haben die Uhr noch einmal um eine Stunde zurückgestellt. Um 8:00 beträgt die Temperatur 8° C. In der isländischen Hauptstadt herrscht schon keine Mittsommernacht mehr. Hier auf dem 65. Breitengrad geht die Sonne um 3:34 auf und um 23:34 wieder unter. Heute Morgen ist es sonnig und später schön warm. Nach dem Frühstück gehen wir an Land und begrüßen Björk und Jón, die uns am Schiff in Empfang nehmen. Wir erwägen eine Bootsfahrt zu einer Insel auf der man Papageientaucher beobachten kann. Sie soll 50 Euro pro Person kosten ohne Garantie einen Vogel zu sehen. Wir verzichten und gehen am Wasser entlang zu einem besonderen Kunstwerk, das man Púfa nennt. Es ist ein grasbewachsener Hügel, den man auf einem mit Steinplatten belegten Pfad besteigen kann. Auf der Spitze des Hügel befindet sich ein Lattenhäuschen, in dem Heilbutt zum Trocknen hängt. Von oben hat man eine schöne Aussicht auf den Hafen. Mit dem VW-Bus unserer beiden Gastgeber fahren wir zu der bekannten lutherischen Hallgrimskirkja, die nach 41 Jahren Bauzeit 1986 fertiggestellt und geweiht wurde. Wir kaufen von einem jungen Mann an einem kleinen Stand zwei Tickets für den Lift in die Turmspitze. Der Turm ist 75 m hoch. Vom letzten Fahrstuhlstopp kann man noch ein paar Treppen hinaufsteigen und eine großartige Aussicht genießen.
Neben der Kirche befindet sich das Einar Jonsson Museum, des berühmtesten isländischen Bildhauers. Im Museum findet man viele Skulpturen und draußen im Garten weitere aus Bronze. Schön.
Björk hat uns zu einer köstlichen Shrimpsuppe nach Hause eingeladen. Danach fahren wir zu verschiedenen Plätzen in der Bucht (Fjödur) von Reykjavik und zurück zum Citycenter mit der alten Domkirche vom Ende des 18. Jahrhunderts und dem Parlamentsgebäude. Reykjavik ist eine kleine, aber feine, saubere Stadt mit ca. 150.000 Einwohnern, wenn man alle Vororte mitrechnet, d.h. nahezu die Hälfte aller Isländer wohnt in der Hauptstadt.
Wir fahren wir zurück zum Schiff, das um 21:00 in Richtung Grönland in See sticht.
Wir sind wieder auf dem Meer auf der Fahrt nach Ostgrönland.
Der Vortrag unseres Geologen Dr. Dornsiepen um 10:00 behandelt das Thema „Die grönländische Eiskappe“. Die Arktis ist ein Meer mit Land drum herum. Die Antarktis hingegen ist Land mit Meer drum herum. Die Insel Grönland ist sehr lang. Wenn man sie auf Europa projizierten würde, bedeckt sie von Schottland im Norden bis Nordafrika im Süden ganz Mitteleuropa. Das Eis ist ein Relikt der letzten Eiszeit. Es wird ständig durch Schnee, der sich verdichtet, erneuert und ist bis zu 3.500 m dick. Es fließt ja nach Gefälle schneller oder langsamer in alle Richtungen. Das Eis enthält sehr viele Luftblasen, weshalb es durch Lichtbrechung weiß wirkt. Das attraktive blaue Eis entsteht, weil Schmelzwasser Spalten füllt, die keine Luftblasen enthalten und gefrieren. Dr. Dornsiepen geht dann auf ein besonderes Naturphänomen ein, das wir noch sehen werden: die Diskobucht. Es gehört mittlerweile zum UNESCO Weltnaturerbe. Doch dazu später mehr.
Am Nachmittag, um 14:00, ist das Meer noch ruhig. Heute Nacht in der Dänemarkstraße soll es heftiger wackeln. Der Kapitän mahnt uns, alles gut zu verstauen. Die Dänemarkstraße ist die Meerenge zwischen Grönland und Island. Der kalte Ostgrönlandstrom fließt durch diesen engen Kanal (289 km) nach Süden. Hier liegt auf dem Meeresgrund die Grönland-Island Schwelle, die die Tiefseebecken der Irmingsee von der flacheren Grönlandsee trennt. Im größten Wasserfall der Welt stürzen 3 Mio. cbm kaltes salzreiches und schweres Wasser pro Sekunde von 600 m hinab in die Tiefe auf 4.000 m. Leider sieht man davon nichts.
Grönland unser nächstes Ziel ist mit 2,175 Mio. qkm die größte Insel der Welt. Sie erstreckt sich über 23 Breitengrade oder 2670 km. Das Inselinnere ist vergletschert, doch die Küsten sind im Sommer eisfrei und dann ist Grönland ein attraktives Reiseziel. Die Insel gehört geologisch zu Amerika und politisch zu Europa. Hier im hohen Norden leben 57.000 Menschen, überwiegend Grönländer oder Inuit, die man früher auch als Eskimos bezeichnete.
Wir nähern wir uns der Ostküste Grönlands. Ich werde kurz nach 3:00 wach. Das Schiff bewegt sich heftig. Die „Turbulenzen“ halten bis 4:00 an. Danach wird es ruhiger und die Berge der Küste kommen in Sicht. Gegen 6:30 erreichen wir Tasiilaq, das früher Ammassalik genannt wurde. Es ist die größte Ortschaft Ostgrönlands. Sie wurde 1894 von den Dänen gegründet. Ziel war es, den Gesundheitszustand der wenigen noch in der Gegend lebenden Ureinwohner zu verbessern. Die ersten Inuit wanderten bereits vor etwa 4.500 Jahren ein und gehörten der Saqqaqkultur an. Weitere Einwanderungswellen gab es um 600 v. Chr. sowie im 14. und 15. Jahrhundert. Die mit der Ortsgründung verfolgten Pläne der Dänen gingen auf und bereits 1925 war die Gegend so dicht bevölkert, dass eine neue Siedlung weiter im Norden gegründet wurde: Ittoqqortoormiit. Heute zählt Tasiilaq 1.800 Einwohner. Tasiilaq [taˈsiːlɑq] (früher Ammassalik [ˌaˈmːasːalik]; nach alter Rechtschreibung Tasîlaĸ bzw. Angmagssalik), ist mit einer Bevölkerungszahl von 2010 Einwohnern (Stand 2017) der größte Ort im östlichen Grönland. Er liegt an der Westseite des Kong Oscars Havn, eines gut acht Kilometer langen Fjordes, und wird umgeben vom ostgrönländischen Gebirge und zweigeteilt von einem Fluss. Der Ort wurde in Tasiilaq (See) umbenannt, als ein Mann starb, der ebenfalls Ammassalik hieß. Der Glaube der Inuit verbot es, den Namen eines Verstorbenen auszusprechen. Auch die Fischart wurde deshalb in Kersakkat umbenannt. Neben den bunten Holzhäusern, in denen die Einheimischen wohnen, gibt es auch einige moderne Betongebäude. Sie beherbergen u.a. die Gemeindeverwaltung und die Schule. Auffällig ist auch die alte Kirche nahe des Hafens. Sie wurde 1908 gebaut und beherbergt seit der Fertigstellung der neuen Kirche im Jahr 1985 das Heimatmuseum. Eine Besonderheit in der neuen Kirche ist das Taufbecken. Es wurde aus Pinienholz angefertigt, das an der Südküste Grönlands gefunden wurde. Die MS Bremen legt an der Pier an. Nach dem Frühstück gehen wir an Land um den bunten Ort zu besichtigen. Der Himmel ist stark bewölkt. Es ist 8° C warm. Im Fjord vor der Stadt schwimmen Eisberge. Am Mittag wird es fast 13° C warm werden, aber es bleibt bedeckt. Die Sonne lässt sich nur selten blicken.
Wir gehen in Tassilaq den Berg hinauf durch den Ort und dann weiter in das Blømsterdalen (Blumental). Es blüht in allen Farben. Die Blumen sind zum Teil bekannt, nur hier sind sie viel niedriger. Der Weg führt vorbei am Friedhof an einem Bach entlang bergauf. Man könnte die Wanderung noch lange fortsetzen doch der Eisbärenwächter rät zum Umkehren. Es gibt Massen von kleinen lästigen Fliegen, die uns umschwirren. In einem Laden erwerben wir Mückenschutz, den wir wie die Imker über den Kopf stülpen. Viele Mitreisende tun dasselbe.
Wir besichtigen die Kirche von Tasiilaq und gehen dann zur Hundefütterung. Ein Grönländer zerlegt vor unseren Augen einen Seehund. Dann wirft er die Fleischstücke den Schlittenhunden vor. Dabei beachtet er streng die Rangordnung. Der ranghöchste Hund bekommt als Erster. Danach die anderen. Schlittenhunde bekommen im Sommer nur jeden zweiten Tag zu fressen. Im Winter, wenn sie laufen müssen jeden Tag und größere Portionen.
Die MS Bremen verlässt gegen 14:00 den Hafen von Tasiilaq und steuert hinaus aufs offene Meer in Richtung Süden, Unser nächstes Ziel ist der 208 nautische Meilen entfernte Skjoldungensund. Die Dänemarkstraße vor der Küste von Ostgrönland ist unruhig. Schon bald ertönt der Ruf des Kapitäns: „Wale, Wale“ Diesmal sind es drei Buckelwale, die mal Steuerbord, mal Backbord auftauchen und uns ihren Blas und Buckel zeigen. Zweimal sehen wir die riesige Schwanzflosse, die sie in die Luft recken bevor sie abtauchen. Schon während des Abendessens bewegt sich das Schiff heftig. Das wir während der ganzen Nacht so weitergehen.
Wir morgens gegen 6:00 die Einfahrt in den Skjoldungensund. Wegen der manchmal heftigen Schiffsbewegungen haben wir nicht so gut geschlafen. Der Sund verläuft u-förmig in einer Schleife und hat eine Ein- und eine Ausfahrt. Von der Dänemarkstraße fahren wir beim Breitengrad bei 63° 16N ins Landesinnere und am frühen Nachmittag bei 63° 12N wieder hinaus. Der Skjoldungensund ist von hoch aufragenden spitzen Bergen gesäumt. Überall sieht man Gletscher, deren Zungen aber nur selten im Meer münden. Um 6:45h beträgt die Lufttemperatur 8,5° C bei locker bedecktem Himmel. Die Sonne scheint. Im Sund schwimmen große und kleine Eisberge. Später werden wir mit den Zodiacs in die Bucht von Dronning Marital fahren und an Land gehen. Vorher nehmen wir im Club ein Frühstück ein. Gegen 11:00 befinden wir uns am westlichen Scheitelpunkt. Wir ankern und setzen mit den Zodiacs an Land über. Das Meer ist spiegelglatt, so dass wir auf unsere Regenhose verzichten können. Wir gehen ein großes Stück am Strand entlang und durch das weiche Moos der Tundra. Wegen der vielen großen und kleinen Steine ist der Ausflug etwas beschwerlich. Einer der Passagiere ist gestürzt und geht mit Schürfwunden im Gesicht zurück zur Anlegestelle. Er hatte auf einen losen Stein getreten, der umschlug und ihn zu Fall brachte. Es gibt interessante vielfarbige Granitgesteine und schöne, blühende niedrige Gewächse wie Silberwurz, Heidekrautgewächse wie schwarze Krähenbeere, Mini-Heidelbeere, Weiden und Alpen-Lichtnelke und natürlich Moose und Flechten.
Nach einer Stunde fahren wir zurück zum Schiff und gehen auf das Club-Heck. Das Thermometer zeigt 18° C im Schatten an. Die Sonne brennt. Als das Schiff später die Anker lichtet und weiterfährt, gehen wir nach innen und essen dort zu Mittag. Langsam gleitet die MS Bremen durch den Sund in Richtung Dänemarkstraße. Dort angekommen fängt das Schiff sofort wieder an zu schaukeln, weil der Wind stark und kalt von Norden weht.
Im Vortrag um 17:00 bespricht Frau Dr. Claus die arktische Tundra. Die letzte Eiszeit machte Tabula rasa. Danach gab es nichts mehr außer Steinen und Sand. Die Tundra ist demzufolge erst 10.000 Jahre alt. In den letzten Jahren hat die Arktisforschung neue Erkenntnisse gewonnen. Nun kennt man die Zusammenhänge. Beringia, das Land um die Beringstraße, blieb eisfrei und diente als Rückzugsgebiet für Pflanzen und Tiere. Es gab eine Landverbindung zwischen Alaska und Sibirien. Über diese kamen Menschen (und Tiere) aus der Mongolei nach Grönland, die Vorfahren der Inuit. Nach dem Abschmelzen der Eiszeitgletscher stieg das Meer um 20 m an und die Landverbindung wurde unterbrochen. Man unterscheidet zwischen Taiga und Tundra. In der Taiga wachsen noch Bäume, in der Tundra nicht. In beiden herrscht Permafrost bis zum 1000 m tief. In der Taiga ist die im Sommer auftauende obere Schicht dicker als in der Tundra.
Am heutigen Sonntag fahren wir schon früh, um 7:00 in den Prins Christian Sund (Ikerassuaq) ein. Dieser Sund trennt Grönland von den vorgelagerten Inseln und dem Kap Farvel. Die zum Teil schmale Seefahrtstraße ist 100 km lang und verbindet die Irmingersee im Osten mit der Labradorsee im Westen. Die Wolken hängen früh morgens noch sehr tief. Es ist nur 2,4° C warm.
Um 11:00 setzen wir über und gehen an Land neben einem reißenden Fluss, der von einem Gletscher gespeist wird. Wir gehen am Fluss entlang bis große Findlinge den Weg zu beschwerlich machen. Unterwegs blühen rosa Weidenröschen und blaue Glockenblumen. Die Weiden schmiegen sich in flache Mulden. Es ist wärmer geworden, aber der Himmel ist noch grau. Wir gehen zurück und lassen uns zur MS Bremen übersetzen.
Um 12:30 setzt sich die Sonne immer mehr durch und der Himmel wird blauer. Inzwischen beträgt die Temperatur 10° C. Auf dem Außendeck des Clubs essen wir Reibekuchen mit geräuchertem Lachs. Gut! Die Sonne scheint von blauem Himmel. Die MS Bremen setzt ihre Fahrt durch den Prins Christian Sund fort. Der Sund schlängelt sich nun durch die hohen mit Schnee oder Gletschern bedeckten Berge. Ein tolles Erlebnis. Grandios! Gegen 16:00 erreichen wir die Westküste Grönlands, die Labradorsee und fahren nach Norden zu unserem nächsten Ziel Paamiut, das wir morgen früh erreichen wollen. Bei schönem Wetter geht`s an der Küste und hohen Bergen entlang.
Als wir am Morgen den Vorhang unseres Fensters öffnen, lacht die Sonne hinein. Wir befinden uns noch auf See und fahren mit 12,7 Knoten nach Norden. Draußen ist es mit 1,3° C noch kühl. Wir werden gegen 9:00 das Städtchen Paamuit erreichen. Paamiut heißt auf dänisch: Frederikshåb und auf Deutsch etwa Bevölkerung an der Mündung. Es ist eine Siedlung in Südwest-Grönland am Kuannersooq-Fjord (dänisch Kvane-Fjord) und hat 1568 Einwohner (2012). Gegründet wurde die Siedlung 1742 durch Kaufleute und Missionare. 1772 wurde der Ort zur Handelsstation der Königlich Grönländischen Gesellschaft (Speck, Felle) erweitert. Heute ist Paamiut Sitz der größten Kabeljau-Filetierfabrik Grönlands sowie der Fischerei- und Schifffahrtsschule des Landes. Die Küste vor Paamiut gilt als Gebiet mit einer der größten Populationen von Buckel- und Finnwalen. Im Hafen sind die alten Kolonialgebäude ebenso erhalten wie die 1909 errichtete Friedenskirche, während ansonsten moderne, mehrstöckige Bauten der 1960er Jahre das Bild prägen. Paamiut war Wirkungsstätte des grönländischen Missionars und späteren Bischofs Otto Fabricius, der im 18. Jahrhundert wissenschaftliche Abhandlungen über Grönland veröffentlichte. Wie die meisten Orte verfügt auch Paamiut über ein eigenes kleines Museum in Gebäuden aus der Kolonialzeit, das wir besuchen. Es präsentiert Exponate der alten Inuitkulturen und der europäischen Walfänger an der Westküste Grönlands. Sehenswert ist auch die Friedenskirche aus dem Jahr 1909, die an eine norwegische Stabkirche erinnert. Um 11:00 lauschen wir dem Chor von Paamiut in der Kirche.
Rund um Paamiut gibt es den größten Bestand an Seeadlern in ganz Grönland. Nicht jede Stadt in Grönland hat ihren eigenen Beschützer aus der Tierwelt. Paamiut hat einen. Der Seeadler, auf Grönländisch „Nattoralik”, wird in Paamiut oft gesichtet und die Bewohner betrachten ihn als ihren Schutzengel. Jugendliche nennen ihre Fußball- und Handballteams Nattoralik, weshalb der Seeadler hier so etwas wie ein Maskottchen ist. Wer den König der Lüfte entdeckt, soll danach viel Glück haben. Wir haben keine Seeadler gesehen.
Wir nehmen Kurs auf den Sermerlinguaqfjord auf. Vor uns liegen 460 km. Die Fahrt geht in Sichtweite der Küste nach Norden. Beim Abendessen leisten uns wieder Buckelwale Gesellschaft, die auf Steuer- und auch auf Backbord in kleinen Gruppen auftauchen und uns ihren Buckel zeigen. Auch ihre Schwanzflosse bekommen wir mehrfach zu sehen, bevor sie abtauchen. Heute Abend ist das Abendessen gut. Es gibt frischen gedämpften Kabeljau, der in Paamuit eingekauft wurde. Nach dem Abendessen im Club segeln wir Kilometer an der großartigen Kulisse der hohen mit Gletschern und Schnee bedeckten Berge entlang. Toll!
Wir fahren wir immer noch nach Norden an der Küste entlang. Den Sermerlinguaqfjord in der Nähe der Stadt Maniitsoq erreichen wir gegen 8:00. Der Kapitän befährt diesen Fjord erstmalig. Er hatte eine Empfehlung seines Kollegen von der MS Hanseatic aufgenommen. Von den Zodiacs aus sollen wir nistende Papageientaucher, Tordalken und Gryllteisten in den Felsen beobachten können. Der Himmel ist heute Morgen sonnig mit Wolken. Die Außentemperatur beträgt 8-10° C, aber es ist windig. Der Himmel zieht sich immer mehr zu. Die Sonne versteckt sich zum ersten Mal. Um 11:00 ist unser Zodiac zur Abfahrt bereit. Wir haben uns warm angezogen und gegen Spritzwasser geschützt. Wir machen eine Rundfahrt zu den beiden Ufern des Fjords mit ihren Vogelfelsen. Hier sitzen viele Möwen und ein paar wenige Tordalken. Leider sehen wir keine Papageientaucher auf die wir uns schon gefreut haben. In den Nestern sitzt ein Jungvogel, manchmal auch zwei. Wir kommen ziemlich nahe heran.
Um 13:00 fährt die MS Bremen weiter nach Qequertarsuaq (dänisch: Godhavn) auf der Diskoinsel. Vor uns liegen 473 km. Wir wollen unser Ziel morgen um 8:00 erreichen. Die Fahrt an der Küste entlang ist großartig. Über Stunden bietet sich ein abwechslungsreiches Bild mit hohen schneebedeckten Bergen oder Gletschern.
Heute Abend gibt es noch einmal ein Kapitänsdinner mit Anzug und Krawatte. Vorher trinken wir im Club zur Einstimmung Duval Champagner. Die Vorspeise ist gut, das Hauptgericht Beef Wellington zäh wie Kaugummi. Die Küche auf der MS Bremen ist leider enttäuschend. Nach dem Essen gehen wir in den Club, denn dort soll eine Seekarte für einen guten Zweck verlost werden. Zuvor hatten wir 6 Lose an der Rezeption erworben. Der Chor der Crew singt Seemannslieder. In der ersten Reihe stehen die kleinen philippinischen Stewardessen, die kräftig deutsche Lieder mitsingen. Dann kommt ein philippinisches Seemannslied und man kann den Wehmut in ihren Augen erkennen. Bei der Verlosung gewinnen wir nichts, aber das war ja auch nicht der Sinn. Wir wollten etwas für einen guten Zweck tun.
Das Schiff hat inzwischen wieder den Polarkreis überschritten. Die Sonne geht nicht mehr unter.
Heute ist der vorletzte Tag in der Arktis. Wir sind in Qeqertarsuaq angekommen. Dies ist ein außergewöhnlicher Ort, einsam auf der großen Diskoinsel und weit von der grönländischen Westküste entfernt. Der Lyngmark-Gletscher, der über der Stadt thront, ist in Wolken gehüllt. Es ist der einzige Ort in Grönland, an dem man im Sommer Hundeschlitten fahren kann. Grönländische Legenden sagen, dass Qeqertarsuaq so grün zwischen den Eisbergen der Diskobucht leuchte, weil es aus dem fernen Südgrönland stamme. Zwei Robbenjäger sollen die Insel von ihrer südlichen Position abgetrennt haben und ausschließlich mit ihren Kajaks und einem Kinderhaar gen Norden gezogen haben. Als sie die Diskobucht erreichten, soll eine Hexe aus Ilulissat die grüne Insel gen Norden verbannt und mit einem Fluch belegt haben, so dass sie auf Grund lief. Genau an dieser Stelle steht heute Qeqertarsuaq (dänisch Godhavn) mit 871 Einwohnern (Stand 2015).
Der Ort liegt auf dem südlichen Teil der Insel Disko. Der Name bedeutet „große Insel“. Tatsächlich handelt es sich um die größte Insel an der grönländischen Küste. Der Ort wurde 1773 von dem Walfänger Svend Sandgreen gegründet. Der Walfang hatte während der letzten beiden Jahrhunderte eine große Bedeutung für den Ort. Jagd und Fischerei sind noch heute die Haupterwerbsquellen für die Bewohner der Siedlung. Die Bedeutung des Walfangs kommt auch im Wappen der Gemeinde zum Ausdruck, das einen Grönlandwal unter dem Polarlicht zeigt. In dieser Gegend entdeckten Forscher 1999 einen „galoppierenden“ Gletscher, der sich mit bis zu 100 Metern am Tage bewegt. In Qeqertarsuaq befindet sich eine Arktisk Station, ein geschützter Naturhafen und ein Heliport.
Wir booten mit den Zodiacs schon um 8:30 aus und landen trocken auf einem Schwimmdock. Der Himmel ist grau, aber es gibt Hoffnung, dass sich später die Sonne durchsetzen wird. Die Temperatur beträgt 5°C. Es ist nahezu windstill. Qeqertarsuaq hat nicht viel zu bieten. Eine rote Holzkirche, deren Tür verschlossen ist, ein kleines Museum und viele bunte Häuser. Wir gehen ein bisschen hin und her und fahren dann wieder zurück aufs Schiff. Heute Mittag findet auf dem Schiff ein bayerisches Mittagsbuffet statt.
Um 12:00 setzt sich unser Schiff wieder in Richtung Diskobucht in Bewegung. Das sind 97 km. Gegen 17:00 werden wir dort ankommen und wenig später mit den Zodiacs zu einer einstündigen Rundfahrt zwischen Eisbergen ausbooten. Wir haben nun endlich den Höhepunkt unserer Arktiskreuzfahrt erreicht: die Diskobucht, Weltnaturerbe der UNESCO. Im Eisfjord (grönländisch: kangia), dem sieben Kilometer breiten und 40 Kilometer langen Fjord stauen sich die Eisberge und türmen sich vor uns auf. Sie haben bereits einen langen Weg hinter sich, nämlich 650 Kilometer. Das Eis des Sermeq-Kujalleq-Gletschers kalbt und die Eisbrocken bewegen sich im Eisfjord (kangia) langsam nach Westen und erreichen nach 12 bis 15 Monaten den Mündungsbereich des Fjords - wo sie auf eine große Ansammlung an Bruchstücken stoßen. Der spektakuläre, weltweit einzigartige Stau der Eisberge hat zwei Gründe. Zum einen gilt der Sermeq-Kujalleq-Gletscher am Beginn des Illulissat-Eisfjords als der produktivste Gletscher der nördlichen Hemisphäre. Zum anderen hindert eine submarine Moräne große Eisberge am Verlassen des Fjords, weil durch die Moräne die Wassertiefe nur noch 260 Meter beträgt. Nur die kleineren Eisberge oder abgebrochenen Stücke eines Giganten treiben ins offene Meer. Doch selbst diese Stücke sind noch groß genug, dass manche auf ihrer langen Reise übers Meer erst auf der Höhe von New York City schmelzen. Wir fahren mit den Zodiacs zwischen den Eisbergen umher, beobachten gelegentlich die auftauchenden Köpfe der Robben und plötzlich sind auch sie da: die Buckelwale, die vor unseren Augen ihre Rückenflosse und Buckel aus dem Wasser strecken.
Das Wetter hat sich gebessert. Die Sonne lugt öfter durch die Wolken und taucht die Eisberge in schönes Licht. Nach einer Stunde nehmen wir wieder Kurs auf die MS Bremen auf als vor uns ein Schlauchboot offenbar havarierunfähig im Wasser liegt. Beim Näherkommen erkennen wir die Hotelchefin, Küchenchefin und Maitre D, die uns mit Sekt bewirten. Eine tolle Idee!
Uns ist es kalt geworden und wir sind froh wieder an Bord zu kommen und uns aufzuwärmen. Ein ganz tolles Erlebnis, Einmalig! Um 19:00 sind alle Zodiacs wieder zurück und wir geben unsere Gummistiefel und Parkas ab. Das Schiff nimmt Kurs auf Sisimiut auf. Die Fahrstrecke beträgt 320 km.
Nach dem Abendessen bei einem Drink im Club schwimmt unser Schiff an riesigen Eisbergen vorbei, die die Abendsonne golden beleuchtet. Ein toller Blick!
Sisimiut (dänisch Holsteinsborg) hat 5572 (2015) Einwohner und ist die zweitgrößte Stadt Grönlands. Sisimiut liegt etwa 100 Kilometer nördlich des Polarkreises und auf halbem Weg zwischen der Hauptstadt Nuuk und der Disko-Bucht. Hier geht heute die Sonne um 3:17 auf und um 00:04 wieder unter. Gestern noch in der Discobucht, 300 km nördlich von Sisimiut, ging die Sonne nicht unter. Insgesamt lebt in der bevölkerungsreichen Region um Nuuk, Diskobucht, Sisimiut und Upernavik mehr als die Hälfte der grönländischen Bevölkerung auf einer dem Inlandeis vorgelagerten Halbinsel. Die ältesten Spuren von Besiedlung gehen auf das Jahr 2500 v. Chr. zurück und stammen von den Inuit der Saqqaq-Kultur. Der Siedlungsort war für sie ideal, da es Wale, Rentiere und Robben gab und immer noch gibt. Moschusochsen hingegen wurden erst in den 1980er-Jahren eingeführt. Obwohl die Gegend einen perfekten Lebensraum für diese Tiere bietet, verhinderten die unüberwindbaren Gletscher zwischen Qaanaaq und Upernavik, dass die aus dem arktischen Kanada einwandernden Tiere auch die Westküste (also auch Sisimiut) besiedeln konnten.
Das alles und die auch im Winter eisfreie See um Sisimiut lockte schon im 15. Jahrhundert Walfänger aus Schottland, Deutschland, Holland und Dänemark nach Sisimiut. Die Europäer in Sisimiut betrieben regen Handel mit den Inuit und tauschten europäische Artikel wie Messer, Perlen, Nadeln und Zwirn gegen Waren der Inuit, wie zum Beispiel Robbenfleisch, Fett, oder Felle. Erst 1764 gelang es den Dänen, Sisimiut unter dem dänischen Namen Holsteinborg zu gründen, der bis Ende der 1970er-Jahre gebräuchlich war. Sisimiut wurde zu einer Walfängerstadt und die Bevölkerung wuchs rasch, bis 1801 die Pocken ausbrachen. Die Epidemie tötete 400 Menschen. Doch die Stadt erholte sich schnell und wuchs das ganze 19. Jahrhundert hindurch rapide. Anfang des 20. Jahrhunderts begann man mit der Umstellung von Walfang auf Fischerei und Fischverarbeitung. Als man in den 1960er-Jahren begann, Grönländer aus den kleinen Dörfern in die Städte umzusiedeln, wuchs Sisimiut auf seine heutige Größe (5200 Einwohner). Im Zuge dieser Entwicklung wurde das Stadtbild immer stärker von großen Plattenbauten geprägt. Heute versucht man, diese Plattenbauten in gutem Zustand zu erhalten, und streicht sie immer wieder farbenfroh.
In Sisimiut herrscht ein wärmeres Klima als in der Diskobucht-Region, das auch nur wenig kühler als das Nuuker Klima ist. Im Winter fallen die Temperaturen selten unter −15° Grad Celsius und im Sommer steigen sie kaum über 20° Celsius. Man muss allerdings jederzeit mit plötzlichen Wetterwechseln rechnen. Die Nähe des Meeres hat einen entscheidenden Einfluss auf das Klima: im Vergleich zu Gebieten die näher am Inlandeis liegen, ist das Klima hier an der Küste deutlich maritimer, mit geringeren Temperaturschwankungen und auch die Minima und Maxima sind deutlich weniger ausgeprägt als etwa 100 Kilometer weiter im Landesinneren. Gleichzeitig sind die Niederschlagsmengen jedoch deutlich höher als landeinwärts.
Die MS Bremen legt um 10:30 an der Pier an. Das Wetter ist umgeschlagen. Es ist neblig trüb. Wenig später gehen wir von Bord und den Berg hinauf in die Stadt zum Museum und der Kirche. Das Museum besteht aus mehreren alten Holz- und Grassodenhäusern. Außer einem Schlitten ist nichts Interessantes zu sehen. Jutta sucht ein Geschäft, das Wollsachen aus Moschusochsenhaaren verkauft, die von besonderer Qualität sein sollen. Wir finden einen schönen Laden, aber eine passende warme Mütze soll 160 Euro kosten. Das ist etwas zu viel, denn so oft wird Jutta sie nicht tragen können. In einem Sportartikelgeschäft gibt es zwar Mützen, aber nicht die passenden Farben. Nach 1,5h gehen wir zurück zum Schiff, beginnen mit dem Packen der Koffer und machen einen Mittagsschlaf. Wir sind auf dieser Reise oft müde. Ob das an der Zeitverschiebung um 4 Stunden liegt? Sie ist im Gegensatz zu Flugreisen langsam über mehrere Tage erfolgt, scheint sich aber trotzdem auszuwirken.
Um 16:30 führt ein Grönländer am Schiff seine Kajakkünste vor und zeigt uns, wie eine Eskimorolle geht und dann beginnt die letzte 280 km lange Etappe nach Kangerlussuaq. Die MS Bremen fährt zunächst wieder aufs offene Meer und biegt dann in den Kangerlussuaq Fjord ein an dessen Ende der internationale Flughafen liegt, den wir morgen früh um 6:00 erreichen wollen.
Heute am Freitag, 22. Juli 2016 sind wir an der letzten Station auf Grönland angekommen: Kangerlussuaq. Unsere handgeschriebenen Bordkarten und die Kofferanhänger von Air Berlin haben wir schon gestern bekommen. Auf dem Flug nach Düsseldorf sitzen wir auf den Plätzen 18b und 18c. Um 10:10 soll unser Airbus starten. Aber es kommt anders. Das Flugzeug musste auf dem Flug von Düsseldorf nach Kangerlussuaq in Kevlavik auf Island zwischenlanden und auftanken. Angeblich gab es zu starken Gegenwind. Unglaublich im Jahre 2016, da man nun gerade in der Luftfahrt alles vorausberechnen kann. Vielleicht steckte doch nur ein Sparkommissar dahinter.
Der Flug dauert 4:20h und ist angenehm. Das Flugzeug ist wie schon auf dem Hinflug nicht voll besetzt. In den meisten Reihen bleibt ein Platz frei. In Düsseldorf verbringen wir noch eine Nacht im Sheraton Hotel am Flughafen. Morgen am am Samstag, 23.7. fahren wir mit der Bahn nach Frankfurt.
Es war eine erlebnisreiche, tolle Reise mit unerwarteten Eindrücken, die unvergesslich sein werden.